Draussen

Am Fluss

Die Sonne scheint. Der Pegelstand beträgt 5,50 m. Der Sturm in der Nacht hat eine Menge Treibholz an den Deich geschwemmt. Die Wasserfläche zwischen Deich und Höhbeck ist inselfrei, nur der Weg zum Mödlicher Hafen taucht langsam auf. In der Fahrrinne fließt das Wasser augenscheinlich in Richtung Hamburg, doch näher am Deich schafft der Wind es, das Wasser in Wellen flußaufwärts zu treiben. Die Wellen schlagen leise aufs Wasser. Auf der anderen Seite schwimmen die Schwäne auf den Wiesen.
Montag habe ich die erste Lerche gehört. Dann stieg das Wasser. Ich hörte nichts mehr. Aber heute, bei einem Wasserstand von 554 m waren die Lerchen wieder da. Ja diesmal sind kleine Verfolgungen zu beobachten und das Trillern begleitet uns auf dem ganzen Deich.
Die Auinseln sind größer geworden und schon flattert es über den kleinen Wiesen. Auch Gänse sind da. Ich dachte, die Graugänse sind mal laut und mal leise. Aber nein. Die Graugänse sind die mitteilsamsten auf dem Flug. Und wie oft hören wir eine einzelne Graugans mit ihren lauten Kontaktruf. Dann kommt ein leiseres Gänsedreieck. Es sind keine verstummten Graugänse, sondern wahrscheinlich andere graue Gänse, wie die Bless- oder die Saatgans. Tja, wieder was gelernt.
Der Pegelstand sinkt auf 4,75m und plötzlich gibt es eine Au.
Im Garten ist der Gimpel schutzlos meinen Augen ausgeliefert. Die Wacholderdrossel trifft sich mit Freunden und rauscht von dannen, sobald Menschengeräusche durch die Luft schweben. In der Au sinkt der Pegel unter 5 m. Der Deichfuß ist zu sehen.
Der Pegelstand ist 5,96 m. Das Wasser steht also immer noch am Deich. Der dient den Enten nun als Strand. Singschwäne landen in kleinen Gruppen auf dem Wasser. In Mödlichwerder gleiten sie zwischen den Baumkronen. Bei einer Richtungsänderung bewegt sich der Hals. Ansonsten gibt es hin und wieder eine kleine Bewegung an den hintersten Federn. Den Rest machen wohl die Paddelfüße. Das sanfte Gleiten strahlt für mich Mensch Ruhe, mehr noch Gelassenheit aus. Die Schwäne gleiten einfach weiter.
Der Wasserspiegel ist um drei Zentimeter gesunken. Die Wellen tragen weiße Kronen. Heute höre ich nur den Wind. Die Vögel sind leise. Nicht einmal mein morgendlicher Begleiter, der Falke, ist zu sehen.
Mit dem Adler auf Augenhöhe - bei einem Wasserstand von 6,29 m ist die ganze Au überflutet. Die Wiesen zwischen Straße und Deich verwandeln sich mehr und mehr in große Pfützen. Jetzt fliegt der Adler im Tiefflug über diese Wiesen, quert den Deich und steigt erst vorm Höhbeck weiter auf. Manchmal sitzt er auf der Deichkrone an. Gehe ich auf dem Deich entlang, fällt mir in einiger Entfernung ein Tier auf, groß wie ein halbes Reh. Ein wenig näher ist klar, es ist ein Vogel. Stünde ich daneben, reichte er mir bestimmt bis zur halben Höhe meiner Oberschenkel. Aber so nah komme ich nicht. Er breitet die Flügel aus, breiter als die Deichkrone. Sein weißer Spiegel ist klar zu sehen und - ganz ohne Hektik - erhebt er sich langsam in die Lüfte. 

am 11. Juli 2023 habe ich einen Bluthänfling in der Au gesehen. Gleich hinter Mödlich saß er auf einem hohen Halm, dann kam ein zweiter Vogel und zusammen flogen sie weg.
Zwei Stunden am Deich und Erlebnisse für den ganzen Tag. Auf dem Weg sucht ein Seefrosch nach Wärme, lässt sich nicht stören. Unkenrufe ertönen, die Schafstelzen zeichnen ihre Wellen in die Luft. Störche und Reiher durchsuchen jeden Wassertümpel. Der Rotmilan jagt dicht über der Erde. Fast zum Anfassen. Neben den Liebenthalter Wildlingen rasten ihre Fohlen. Der Gesang der Lerchen erfüllt die Luft.
Der Blick vom Deich zeigt eine Seenplatte mit kleinen Inseln voller geflügelter Gäste. Die ersten Lerchen stehen in der Luft und trällern. Am Deichfuß liegt ein toter Biber. Ich erkenne keine Verletzung. Sicherlich kann auch ein Bieber mal einfach so sterben.
Heute liegt die Lenzerwische unter einer Schneedecke. Die Vögel sind gleich leiser.
Am 2. März habe ich die ersten beiden Störche auf einer Wiese an der Löcknitz gesehen. Freunde erzählen schon von Störchen in der Au.
Die Kraniche kehren schon in kleinen Gruppen zurück. Die Gänse lieben den Flug im größeren Schwarm. Auf dem Fluss gibt es zur Zeit kleine weiße Schaumkronen. Die kleinen Tümpel in der Au sind noch gefüllt und ich hoffe auf Froschkonzerte im Frühjahr. Hin und wieder zwitschert es leise.
Die Flockenblume und das Hirtentäschel holen auf. Vor mir flattert ein Pfauenauge.
Warm, golden, so zeigt sich der Oktober, so fühlt er sich an. Abends fliegen mir sanfte Nebelschwaden entgegen, morgens leuchten auf den Deichflanken Blüten von Gänseblümchen, Schafgarbe, Wilder Möhre, blauer Wegwarte, Herbstlöwenzähnen, Ferkelkraut ...
Der Fluss ist schmal geworden. Rundherum scheint August, obwohl noch viel zu früh. Die Schwäne teilen sich kleine Wasserlachen.
Die Lerchen trällern schon seit Wochen. Heute saßen die ersten Stare beim Nachbarn auf dem Apfelbaum. Die Wasserflächen in der Au haben die Verbindung zum Fluss verloren. Sie bleiben, obwohl der Pegel sinkt. Enten und Schwäne suchen in den Pfützen nach Nahrung. Nutrias liegen faul in der Sonne.
Eine wahre Geschichte: Kranichrufe am Himmel, eine große Schar fliegt in Richtung Nordosten, an ihr vorbei eine kleine Schar nach Südwest. Das Rufen ist laut. Als die kleine Schar an der großen vorbei ist, wendet sie, fliegt der großen hinterher. Kurz bevor sie aufschließen ertönt wieder lautes Rufen. Eine Vierergruppe verweigert den Anschluss, löst sich von der Gruppe. Sie fliegt eine kurze Strecke nach Südost und beginnt dann zu kreisen. Ein Kreis, leichtes Verschieben, ein neuer Kreis, verschieben, kreisen. Schließlich bildet die kleine Gruppe eine Linie und fliegt in Richtung Elbholz. Der Wind hat wohl nicht nur die Menschen verwirrt.

Aus Eis wird Wasser. Das Kranichpaar ist wieder da. 
Das Eis wird weniger. Das Wasser sinkt langsam. Die Inseln auf der Au werden größer. Eine Möwe dreht ihre Pirouetten. Enten finden eine Badestelle. In ihrer Gesellschaft befinden sich zwei Langbeine, die im Boden stochern. Ich kann allerdings weder die Farbe ihrer Beine, noch die genaue Form ihrer Schnäbel erkennen. Den dritten Tag in Folge keine Kraniche am Boden, aber dann eine 20-köpfige Schar über mir und vor der Haustür die nächste Schar. Sie fliegen ziemlich tief, scheinen einen Futterplatz zu suchen.

Auf dem Fluss treiben die ersten Eisteller. Das Singen von Schwänen schwirrt durch die Luft. Der Adler sitzt auf dem Eis, die Krähen lauern darauf, dass er Beute macht. Auf den Insel heute nur zwei Kraniche. Vielleicht übersehe ich den dritten. Auf der Deichflanke sitzt ein Nutria und hat keine Lust, sich zu bewegen. Sein Zuhause liegt unter Wasser und dünnem Eis.

Die Au läuft langsam voll, an einigen Stellen berührt das Wasser den Deichfuß. Dünne Eisschichten schwimmen auf den Wasserflächen über der Au. Auf einer der neuen Inseln stehen drei Kraniche, suchen nach Futter. Was werden sie tun? 

Die Elbe träg weithin sichtbare Schaumkronen. Der Falke lässt sich nicht blicken.

Zwei erwachsene und vier junge Schwäne haben die große Wasserrinne hinter dem Deich zu ihrem zeitweisen zuhause erklärt. Einer der erwachsenen Schwäne macht heute meiner Katze Konkurrenz. Er senkt den Kopf, dann gleitet der Kopf nach hinten, zieht den langen Hals hinterher. Jetzt hebt sich ein schwarzes Paddel aus dem Wasser und der Schwan putzt sich. Vorteil für den Schwan: der lange Hals, Plus der der Katze: sie macht den Rücken krumm. Aber die Katze kann es nur auf dem Trockenen.

Noch immer rufen Gänse und Kraniche. Die Silberreiher scheinen wie gemacht für die tiefstehende Sonne. 

22. Oktober - der Sperber ruft eindringlich und ausdauernd aus einer der alten Eichen.

18. Oktober - auf einer Spitze im Schilf sitzt ein Drosselrohrsänger. Der Schilfrand an einigen Buhnenfeldern ist in diesem Jahr etwas breiter.

20/10/10 diesmal war ich auf dem Weg von einem Fluss zum anderen. An der Elbe lang, dann kurz Richtung Norden bis zur Löcknitz kurz hinter Gandow. Dort ist eine kleine Streuobstwiese entstanden. Sie wird gepflegt und gestern auch durch einen neuen Apfelbaum bereichert. Eine alte Sorte aus dem Havelland, die noch auf ihren Namen wartet. Auf dem Weg dorthin noch auf dem Elbdeich zwischen Mödlich und Lenzen fliegt vor mir ein Vogel auf. Sein aufgefächerter Schwanz ist an der Grundfläche weiß, dann an der Spitze schwarz und wirkt leicht zweigeteilt. Der kleine Schnabel ist kräftig. Da ich allein war, habe ich nun die Bücher befragt und bin zu dem Ergebnis gekommen, einen Zwergschnäpper gesehen zu haben. Das Habitat würde passen. Es bleibt aufregend an der Elbe.

20/05/10 - auf dem Weg vom Fluss zum Moor zwitschert es aus dem Schilf vorm Hafen Lenzen, das Storchennest an der Burg ist vollbesetzt. Hinter Leuengarten erfreuen Blühstreifen mit Pupurklee. Der rote Mohn dazwischen, daneben. An der kleinen Allee blühen noch die Kirschen. Hinunter zum Moor duftet der Weißdorn. Auf den Moorwiesen weiden Kühe, eine Wiese weiter neben dem schützenden Schilf spazieren Kraniche.

In diesem Jahr fällt mir die Brandgans immer wieder auf. Besonders am Übergang von Mödlich zu Wootz leuchtet ihre weiße Brust mit der braunen Schärpe. Ihr roter Schnabel ist erst im Fernglas zu erkennen. Auf den Deichflanken gibt es den Körner Steinbrech. Der Reiherschnabel blüht. Die Tümpel in der Au trocken mehr und mehr aus. Zwischen den Bunen ragen kleine Inseln aus dem Wasser.

20/04/26 - Diesmal war es ein anderer Fluss: Die alte Elde. Von Alt-Eldenburg geht es immer am Waldrand entlang Richtung Grittel. Der Weg ist wunderbar, führt über Waldwege und Wiesen. Der Blick kann über weite Wiesen schweifen, Röhricht und immer wieder Magerrasen. Auffallend sind die vielen Inseln voller Veilchen (tricolor). Der Adler sucht schon kleine Enten. Schmetterlinge begleiten uns. Und dann sehe ich das erste Mal einen grünen Schmetterling. Er ist es wirklich: der grüne Zipfelfalter. Dann ist da noch ein Falter, der violett leuchtet. Es gibt ihn, den violetten Feuerfalter. Zwei Stunden dauert der Weg bis Grittel. Wenn das Ganze ein Rundweg werden soll, muss man allerdings über die Straße zurück. Es ist uns nicht gelungen, auch auf der anderen Flusseite einen romatischeren Weg zu finden.

20/04/16 - Der Pegel der Elbe sinkt wieder, doch noch gibt es Wasserstellen in der Au. Hoffentlich bleiben sie, denn endlich höre ich Unkenrufe. Wenige, aber sie sind da. Ich habe sie so vermisst in den letzten beiden Jahren. Auf der Fahrt über den Deich bewegt man sich ständig unter dem Gesang der Lärche. Im Rückdeichungsgebiet stehen die Kraniche an den Pfützen und Gräben, hin und wieder rufen sie plötzlich. Ich weiß nicht warum. Die Liebenthaler Wildlinge sind wieder auf der Weide. Noch stehen sie alle in Zaunnähe, das Gras auf der Deichflanke scheint besser zu schmecken. Auf dem Weg Richtung Lütkenwisch sehe ich auf einen Blick Schwäne, Kraniche und Kiebitze. Ich steige ab und schaue. Als ich weiterfahre scheuche ich niemanden auf. Dann kreist der Adler. Er zieht seine Runden und immer wieder lässt das Sonnenlicht seinen weißen Schwanz aufleuchten. Auch hinter Lütkenwisch kreisen Greifvögel. Es bleibt besonders, sie zu beobachten. Dann wieder ein Tümpel mit Unkenrufen. Ich werde müde, kehre über Jagel zurück. Wieder auf dem Deich hat sich das Kranich-Schwan-Bild verändert. Zwei Störche sind dazu gekommen. Sie stehen dicht am Deich an einer großen Pfütze. Es geht, Schnabel rein, Schnabel hoch, schlucken, Schnabel rein, Schnabel hoch, schlucken usw., usw.. Wenn das jedes Mal ein Frosch ist, der verspeist wird, hoffe ich, er hat schon gelaicht, ansonsten sehe ich schwarz für nächstes Jahr. Der Anblick erinnert an die Überfischung der Meere. Ein bißchen. Die Begeisterung überwiegt.

 

 

 

Über mich  aus gegebenem Anlass entfallen Führungen zur Zeit

Seit beinahe 25 Jahren besuche ich die Elbtalaue, seit nunmehr 12 Jahren habe ich hier meinen festen Wohnsitz, seit drei Jahren bin ich zertifizierte Natur- und Landschaftsführerin.

Als ich das erste Mal hier auf dem Deich gestanden habe, ging mir das Herz auf. Eigentlich war die Gegend zu flach, aber das Licht, die Weite, die Farben, die Stille. Immer mehr zog und zieht die Landschaft mich in ihren Bann. Das ständige Rufen im Herbst und Frühling, die Veränderung durch den Wasserstand der Elbe, die Elbe selbst mit ihren verschiedenenen Seiten, mal sanft und schmal, mal breit und bewegt, mal beängstigend. Sei es, dass in der Trockenheit die kleinen Sandstrände zwischen den Buhnen blühen, sei es der flirrende Schmetterling, die Lerchen und Kiebitze, das Kreisen von Milan und Adler. Meine Neugier auf die mich umgebende Natur bleibt, meine Vertrautheit mit ihr wächst. Der Reichtum dieser Landschaft scheint mir unerschöpflich. 

Seit Jahren begleite ich Menschen durch diese Landschaft. Ich biete verschiedene Touren an, bin aber auch für neue Wege offen.

Alle Touren sind frei buchbar.